Frau L. arbeitet in der Rechnungsabteilung einer kleinen Firma. Sie hatte eine Rechnung an einen Kunden falsch ausgestellt. Ihr Chef hatte den Fehler bemerkt, korrigiert und an Frau L. zurückgehen lassen. Eine Kollegin, Frau K. legte ihr die Rechnung auf den Schreibtisch mit einem süffisanten Grinsen und den Worten: „Na, da haben sie ja mal einen netten Bock geschossen. Nächstes Mal, erst Gehirn einschalten und dann arbeiten. Dann lässt sich sowas glatt vermeiden.“Frau K. ist für ihre dummen und oftmals verletzenden Sprüche in der Firma berühmt berüchtigt. Frau L. erzählt mir diese Begebenheit im Coaching. Sie ist verletzt und ratlos. Wie soll sie mit diesen immer wiederkehrenden dummen Sprüchen umgehen? Einerseits möchte sie diesem dummen Geschwätz keine übermäßige Aufmerksamkeit schenken, denn sie weiß, genau das ist es, was Frau K. haben möchte: Aufmerksamkeit. Andererseits möchte sie nicht immer wieder in die Rechtfertigungsfalle treten. Den Blick des Triumpfes hat sie sich auch dieses Mal wieder eingefangen.
Blöde Bemerkungen haben ein Ziel
Der größte Teil der „blöden Bemerkungen“ hat nur ein Ziel: zu provozieren. Du sollst reagieren, möglichst explodieren und sich durch die dann oft unangemessen starke Reaktion auch noch ins Unrecht setzen. Du sollst dich mit dem Spruch beschäftigen, ihn widerkäuen und der provozierenden Person so viel Aufmerksamkeit schenken. Menschen, die gerne provozieren finden auch treffsicher die wunden Punkte, in denen sie dann herumstochern können. Nur Du bestimmst, ob, wie und wann Du reagieren willst. Die erste und wichtigste Freiheit um mit den Seltsamkeiten anderer Leute fertig zu werden ist die Fähigkeit, sich nicht provozieren zu lassen. Du entscheidest, ob Du reagieren willst, oder nicht.
Triff eine bewusste Wahl
Darum ist die 1. Überlegung bei einer dummen Bemerkung: „Will ich jetzt darauf eingehen?“ Wenn Du gerade etwas Besseres vorhast, dann lass den Angreifer ins Leere laufen. Da dieses „Nicht-Reagieren“ der freien Entscheidung folgt, hat es eine ganz andere Qualität und Energie, als die hilflose Sprachlosigkeit. Es ist kein „Nicht-Handeln“ – ganz im Gegenteil – es ist eine aktive Handlung!
Lass die Attacke ins Leere laufen
Um einen verbalen Angriff ins Leere laufen zu lassen, möchte ich Dir heute zwei non-verbale Möglichkeiten vorstellen. Oft ist das Einfachste am schwierigsten, so auch in diesem Fall. Und das für die Angegriffene und den/die AngreiferIn. Für die Angegriffene, weil sie das Prinzip „man muss etwas tun, um etwas zu erreichen“ widerstehen und sich selbst „im Griff“ haben muss und für den/die AngreiferIn, weil er/sie nicht bekommt, was er/sie unbedingt haben will: Aufmerksamkeit. Es ist also keineswegs „nett“, den/die AngreiferIn vollkommen zu ignorieren. Vor allem dann nicht, wenn er/sie sich mit der blöden Bemerkung in Szene setzen wollte.
Durch die Nicht-Beachtung verdirbst Du ihm/ihr die ganze Show.
Sei souverän
Es gibt noch einen anderen Grund, warum es manchmal besser ist, auf blöde Bemerkungen nicht zu reagieren. Manch dummer Spruch ist gar nicht als solcher gedacht. Was wir für eine Frechheit halten, ist oft nur eine unbedacht Äußerung. Manchen Menschen fehlt einfach das Feingefühl für die sensiblen Punkte anderer. Darum, lege nicht jede Aussage auf die Goldwaage. Bewusst keine Antwort zu geben ist ein Zeichen von Souveränität!
Starte auch später keinen Gegenangriff. Lass Dich nicht auf diese Ebene herab – Du hast das nicht nötig und außerdem besseres zu tun!
Frau L. hat die Strategie übrigens ausprobiert. Beim ersten Mal hat Frau K. tatsächlich fertig gebracht, ihre Spitze wortwörtlich – nur lauter zu wiederholen. Beim zweiten Mal hat sie sofort lauter gesprochen und ein drittes Mal gab es nicht mehr. Zumindest nicht an Frau L. !