Was ungezogenen Mädchen passiert, haben wir am Beispiel von Paulinchen und den Zündhölzern ja gesehen!

Und dann war da auch noch das Veilchen im Moose, bescheiden, sittsam und so weiter….

Wieviel dieser immer noch eher weiblichen Attribute auf die Gene oder die Erziehung zurückzuführen sind, lassen wir an dieser Stelle einmal dahin gestellt, wir werden uns das zu einem späteren Zeitpunkt einmal genauer ansehen.

Fest steht, dass Bescheidenheit, Höflichkeit und Zurückhaltung auch heute noch als weibliche Zier zu gelten scheinen und dass es nicht nur Karriere-Killer sind, sondern uns auch im privaten Leben gerne auf die Füße fällt.

Ob Du eine Entscheidung treffen musst, Dich um einen Position bewirbst, eine Gehaltserhöhung möchtest, Deine Meinung vertreten willst oder Dich für eine Sache einsetzt, ohne eine überzeugende Präsentation wirst Du wenig erreichen. Das darf durchaus höflich sein, gerne auch freundlich, aber eben auch bestimmt. Und leider verwechseln viele Frauen Höflichkeit mit Unterwürfigkeit und „Unsichtbarkeit“.

Nur, wer sich zeigt, wird gesehen.

Und das fällt Frauen deutlich schwerer als Männern. Die meisten Männer haben nicht das geringste Problem damit, klar zu kommunizieren, wer sie sind, was sie können und was sie leisten. In ihrer Welt und in ihrer Art zu kommunizieren ist der Rang ein wichtiger Bestandteil, dem sie ganz natürlich Ausdruck verleihen. Frauen hingegen haben hierfür wenig Verständnis, es ist ihnen nicht wichtig und widerstrebt auch ihrer Neigung, verbindend und verbindlich aufzutreten.

▶ Wie im Fall einer jungen Architektin, die mit der Bauleitung eines größeren Projektes betraut worden war. Ihr erster Auftrag in dieser Größenordnung!

Bei der Besichtigung der Baustelle fielen ihr mehrere Mängel bei den Innenputzarbeiten auf. Fugen waren unsauber verarbeitet, Kanten nicht sauber gezogen und Leitungen lagen noch sichtbar offen. Die junge Frau sprach darauf den Handwerkergesellen freundlich lächelnd an: „ Schauen Sie doch bitte einmal hier. Das kann aber so nicht bleiben, könnten sie…“ – weiter kam sie gar nicht. Der Handwerker ließ sie vor versammelter Mannschaft voll auflaufen. Er hielt es nicht für nötig, sie überhaupt eines Blickes zu würdigen und antwortete: „ Das machen wir immer so. Das ist innerhalb der Toleranz.“ Hinter sich hörte sie die ersten Lacher.

Frau B. erlebte eine innere Achterbahnfahrt – hin und her gerissen zwischen Verunsicherung und  Wut. Der junge Geselle zeigte sich vollkommen unbeeindruckt, musterte sie jetzt von oben bis unten und legte dann provozierend nach: „Wer sind sie überhaupt?“

Als sie die Baustelle entnervt verließ, während sie mit den Tränen kämpfte und was wie eine Flucht gewirkt haben muss, lehnte er ganz cool an der frisch verputzten Wand und grinste.

Der Supergau!

➡ Frau B. war sich vollkommen im Klaren, dass sie jetzt dringend etwas ändern muss. Noch so einen Auftritt, und sie konnte dieses Projekt abgeben.

Als sie mir die Geschichte erzählte, bat ich sie, alternative Verhaltensmuster zu überlegen, die wir in einer Art Rollenspiel nachstellten, so dass sie sie für sich ausprobieren konnte. Auf diese Weise  werden Schwächen erkennbar, die sie sofort korrigieren kann.

Unterlegt hatten wir diese Probeläufe  mit einigen Übungen zum Thema Selbstbewusstsein und Frau B. hatte auch ein intensives „Spiegeltraining“  absolviert.  

▶ Beim nächsten Besuch auf der Baustelle betrat Frau B. dann ruhigen Schrittes die Baustelle, prüfte zunächst besagte Wand, die immer noch im gleichen Zustand war, wie vorher. Da niemand mit ihr im Raum war, trat sie auf den Flur, wo der Geselle sich an einer anderen Wand zu schaffen machte, schaute sich diese Arbeit einen Moment an, und sagte ruhig aber sehr bestimmt: „Sie kommen jetzt bitte einmal mit.“ 

Dabei trat sie einen winzigen Schritt auf ihn zu und sagte dann: „Ich bin die Bauleiterin, mein Name ist B.!“ Der Handwerker unterbrach sofort sein Tun und folgte  ihr in den Raum mit der Problemwand, als sie fortfuhrt: „Wo ist Ihr Chef?“

Jetzt war der Mann vollkommen „Ohr“. Höflich erklärte er nun, dass sein Chef gerade nicht auf der Baustelle sei. Daraufhin antwortete Frau B. nur: „Das…“ und deutet auf die Pfuschstellen, „..kann nicht so bleiben. So arbeiten wir nicht!“ Als der Arbeiter wieder die Toleranzgrenze anbringen wollte, sagte sie nur noch: „So geht das nicht, nicht auf meinen Baustellen!“ …und verließ ruhigen Schrittes den Raum.

Am nächsten Tag war die Wand sauber verputzt.

Frau B. hat die Fronten geklärt – wenn auch im 2. Anlauf.

❓ Was war passiert?

➡  Sie hat die Baustelle souverän betreten – nicht hektisch. Nachdem sie die Wand angeschaut und gesehen hat, dass hier nichts verändert wurde, hat die eine klare und bestimmte Ansage gemacht (Sie kommen jetzt mit…) Sie hat ihre Position, ihre eigene Rolle klargestellt (Ich bin die Bauleiterin.) Dann folgte eine weitere, indirekte Rangbotschaft, als sie fragte, wo der Chef sei. („Normalerweise rede ich mit mir Gleichgestellten). Und letztlich fragte oder bat sie nicht höflich und im Konjunktiv, sondern machte eine eindeutige, indikativische Feststellung, die zu ihrer Position und Rolle passt und ließ weder Ausflüchte oder Gegenwehr zu.

Auf meine Frage, wie sie sich dabei gefühlt habe, sagt Frau B. ehrlich, dass es ihr beim ersten Mal schon sehr komisch gewesen sei. Auch habe sie beim nächsten Besuch auf der Baustelle eine Art Vergeltungsschlag befürchtet. Aber, das Gegenteil sei der Fall gewesen, alle  Handwerker seien seither ausgesprochen höflich und zuvorkommend ihr gegenüber. Sie hätte den Eindruck, ihr Auftritt habe sich herumgesprochen. Tja…. So geht’s! 😉

Frau B. hat aus der Sicht egalisierend kommunizierender Menschen fast schon einen Oskar in Unhöflichkeit verdient.

‼  VORSICHT!  Aus Sicht eines hierarchisch Kommunizierenden war das vollkommen ok. Die Rangordnung war geklärt, das Revier abgesteckt, Fall erledigt.

Und während manche Frau ihr diesen Auftritt auf Ewigkeiten nachtragen würde, hatte sie in der hierarchischen Sprachwelt nicht nur einen Freund gewonnen – nun wusste man, woran man bei ihr ist.

Ein Beispiel über die unterschiedlichen Kommunikationsstile bei Menschen.

Keines ist gut oder schlecht – beide sind, wie sie sind und das hat sogar gute Gründe!

Wer die Sprache des anderen versteht und sprechen kann, ist immer im Vorteil, nicht nur bei einem Auslandsurlaub!

Zum Thema „selbstsicher auftreten, erfolgreich kommunizieren“ werden hier noch einige Texte und auch Übungen veröffentlicht, denn es ist eines der häufigsten Minenfelder für Frauen im Beruf…

…und nicht nur da!

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